Freitag, 1. Mai 2015

Ein Qulitätsopfer für bewegliche Bauern

Eine Grundregel lautet: „Wenn man etwas gibt, muss man auch etwas dafür erhalten“ (Stichwort Kompensation)


                         Spassky-Petrosjan

(1966)


Schwarz schielt mit drei Figuren in Richtung g2. Der Bauernvorstoß d4 verbunden mit einem Einschlag auf g2 liegt in der Luft. Dummerweise ist aber der Tg4 angegriffen. Was also tun? Den Turm zurückziehen um das Angriffsmotiv auf g2 aufrechtzuerhalten? Petrosjan entschied sich für einen anderen Weg

24. … Sxe5!

Ein Qualitätsopfer!

25. Sxg4 hxg4

Damit ist der Traum vom Einschlag auf g2 begraben

26. e4 Ld6!

Natürlich nicht 26. dxe4? 27. Lxe5 Dxe5 28. Dd8#

27. De3 



27. … Sd7!

Objektiv nicht das Stärkste. Das Schachprogramm Rybka gibt hier dxe4 ( mit gewinnbringendem Vorteil) und g3 (mit klarem Vorteil) an. Beide Varianten weisen aber eine gewisse taktische Komplexität auf.

Mir gefällt, dass Petrosjan hier eine stratgische und recht unkomplizierte Abwicklung wählte, die aber gerade durch ihre einfache Logik besticht

28. Lxd6 Dxd6 29. Td4 e5 30. Td2



Spätestens an dieser Stelle wird sich mancher fragen, was Schwarz denn eigentlich für die gegebene Qualität erhalten hat. Okay, zwei Bauern. Aber reicht das für einen Vorteil?

30. … f5!!

Ein Hammerzug, der offenbar macht wie schlecht die weißen Aktien eigentlich stehen

31. exd5

Halten wir einen Moment inne und beschäftigen wir uns kurz mit exf5
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31. exf5 Sf6! 

 
In dieser Variante hätte Schwarz als Kompensation für die Qualität ein bewegliches Bauernzentrum (+Mehrbauern) erhalten. Der gelegentliche Vorstoß d4 zwecks Freilegung des Lb7 in Verbindung mit h3 liegt in der Luft
Das verlockende 32. Dh6 würde mit dem brillianten … Se4!! 33. Dxd6 Sxf2+ 34. Kh2 g3# beantwortet.
Und 32. f3 Sh5! 33. fxg4 Sg3+ 34. Kh2 d4! hätte auch keinen Spaß gemacht
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31. … f4 32. De4 

 
Die schwarze Bauernphalanx am Königsflügel läßt nicht Gutes erahnen. Weit und breit kein weißes Gegenspiel und schwarz beordert seine Figuren nun in Richtung weißer König

32. ...Sf6 33. Df5+ Kb8 34. f3

Andere Züge wären auch nicht viel besser gewesen

Lc8! 35. Db1 g3!

Ein „Sargnagel“ wird installiert



Von nun an liegt h3 mit Öffnung der h-Linie in der Luft

36. Te1 h3! 37. Lf1 Th8! 38. gxh3 Lxh3 39. Kg1 Lxf1 40. Kxf1



Kann sich der weiße König in Sicherheit bringen

40. … e4!

Der entscheidende Durchbruch! 41. fxe4 f3! mit Mattdrohung 42. Th1 verbietet sich augenscheinlich

41. Dd1 Sg4!!

41. Dd7 oder 41. De5 hätten hier auch gewonnen. Aber der wunderschöne Textzug demonstriert die schwarze Übermacht am Königsflügel

42. fxg4 f3



Welch eine Dominanz! Die weißen Figuren am Brettrand müssen hilflos zuschauen wie es nun dem König an den Kragen geht

43. Tg2 fxg2
Hier gab Weiß auf.

    44. Kxg2 Df4 45. Tf1 Th2+ 46. Kg2 De3+ wollte er sich dann doch nicht mehr zeigen lassen

0-1



Fazit: In der Ausgangstellung trennte sich Schwarz von der g2-Idee und opferte stattdessen die Qualität (Turm für Springer + zwei Bauern)

    Entscheidender als die materielle Kompensation dann der Vormarsch der eigenen Bauern. Sie schufen Raumvorteil und Angriffschancen und schränkten gleichzeitig die weißen Figuren in ihrer Wirkung ein. Es kam nicht einmal der Ansatz eines Gegenspiels auf.

     Die Partie ist mit einer so kristallklaren Logik gespielt, dass man fast davon ausgehen muss, dass Petrosjan zum Zeitpunkt des Qualitätsopfers schon das Schlussbild vage vorgeschwebt haben könnte.





 








 



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